Du machst den Mund so weit auf, daß sich der Mond auf deinen gelben Zähnen spiegelt. Ich sehe grauen Belag auf deiner Zunge und die Mundwinkel reißen ein kleines Stück.
 
Siehst du es? fragst du mich.
 
Nein!

Aber es muß dort irgendwo sein, sieh genau hin!
Ich bin müde. Ich will schlafen und nicht in deinem grauen Mund nach Neurosen suchen.
 
Laß uns morgen weitermachen, ja? sage ich.
Du machst den Mund zu.

Ich drehe mich von dir weg und lege mich auf das Bett.
Ich denke an deine eingerissenen Mundwinkel und die grauen Staubmäuse am Boden erinnern mich daran, dich nicht zu küssen. Ich sehe an die Decke und höre die Nachbarn über den Boden trampeln.

Dann schaue ich dich an. Du blutest, im Gesicht, am Mund.
Das Blut läuft in einem dünnen Faden in den Kragen deiner Bluse. Du kramst in deinem Nachtschank, Blut tropft in die Schublade, auf den Boden, auf deine Schuhe. Pickel auf deinen Wangen drücken weißen, zähen Schleim heraus, vermischen sich mit dem Blut, bilden Rinnsale die aussehen, wie als würdest du wässrigen Eiter  weinen. Aufgedunsen siehst du aus, in den wenigen Minuten, die ich hier liege hast du dich vollkommen verändert. Deine Haare sind dünn und fahl, deine Haut hängt faltig um dich herum wie ein zu großer Mantel und... da fallen deine Zähne aus deinem Mund. Alle auf einmal. Und zusammen mit dem Blut und dem Eiter schwimmen sie in einem lachsfarbenen See in der geöffneten Schublade.
Aus großen, angstgeweiteten Augen siehst du mich an.

Müde, so müde bin ich von alle dem.

Ich wünsche mir, du würdest jetzt nicht sprechen, ich wünsche es mir voller Sehnsucht nach  Stille, einer belanglosen Stille, ohne Blut, ohne Schmerz.
 
Jetzt ist es geschehn, es ist tatsächlich, nicht irgendwie, verwaschen, unklar, nein, es ist...! Du stockst, Blut wirft Bläschen, sie steigen auf wie Seifenblasen, schweben zur Zimmerdecke empor und zerplatzen ohne Geräusch.

Ich drehe mich weg, sehe auf ein Gemälde an der Wand. Denke mich hinein in diese fettige, ölige Landschaft in der Bäume wie Grabsteine einen roten Mond spiegeln. Ein Knabe mit dicken Beinen steht, auf einen Stock gestützt, am rechten, unteren Bildrand und schaut mich an. Er schaut jeden an, der sich dieses verfaulte Bild betrachtet. Sein Gesicht ist ein nicht enden wollender Vorwurf. Du atmest schwer. Hör auf, hör auf will ich dich anschreien, doch ich atme einfach nur aus.

 

Was sagst du?
flüsterst du blutmundig.

Was sagst du?